
Watzmann/Vor einem Bild.
Samstag, 14. Juni 2025, 16 Uhr
Lecture Perfomance mit Falk Haberkorn (Künstler, Leipzig)
Als im August 1839 die Daguerreotypie als erstes technisches Bild öffentlichkeitswirksam das Licht der Welt erblickte, soll Paul Delaroche, angesehener Historienmaler seiner Zunft, gesagt haben „Von heute an ist die Malerei tot.“ – Wie sich bald zeigte, war sie es nicht, im Gegenteil. Heute scheint sie vitaler denn je, und das nicht trotz, sondern wegen der Fotografie, die im Digitalzeitalter so ubiquitär wie redundant ist. Seither aber hat die Malerei sich immer wieder, direkt oder indirekt, zur Fotografie ins Verhältnis setzen müssen, denn wenn sie auch in der Kunst die Königsdisziplin blieb, so verlor sie doch ihr angestammtes Prärogativ als visuelles Leitmedium unwiderruflich an das technische Bild, hinter dessen Standard es kein Zurück mehr gibt.
Es wäre müßig zu spekulieren, ob Caspar David Friedrich dem Urteil seines französischen Kollegen, hätte er von den damaligen Vorgängen Kenntnis erhalten, würde zugestimmt haben. Gewiss ist indes, dass seine Malerei, als er im Mai 1840 starb, längst tot war – es krähte kein Hahn mehr danach. Noch 15 Jahre zuvor, 1825 und auf dem Höhepunkt seines Schaffens, hatte Friedrich eines seiner größten Gemälde, den Watzmann, fertiggestellt, das, wie so oft, die äußere Natur zum Anlass nimmt für die Darstellung der inneren: eine fast schattenlose Gebirgsszenerie in kaltem, gleißendem Licht, ohne tröstlichen Ausblick und ohne eine der typischen, vermittelnden Rückenfiguren. In seiner Kompromisslosigkeit ist der Watzmann einer der Solitäre in Friedrichs Werk und steht zugleich exemplarisch für eine auf geistigen Prinzipien errichtete Malerei, deren substantieller Gehalt sich aus der Intensität sinnlicher Erfahrung speist.
Das technische Bild delegiert diese Erfahrung an den Apparat. Insofern bezeichnet die Zeit um 1839/40 einen Paradigmenwechsel. Die öffentliche Bekanntmachung der Fotografie und Friedrichs Tod nicht lange danach sind bloß eine zufällige historische Koinzidenz – die doch auch als über sich hinausweisende historische Konstellation verstanden werden kann. Hier setzt die Lecture Performance von Falk Haberkorn an, die im Rahmen der Ausstellung „How to look at…“ (bis 10. August 2025) zwei Mal aufgeführt werden wird. Zum ersten Mal wurde sie 2006 im Museum der bildenden Künste Leipzig aufgeführt. In ihr werden Vergangenheit und Gegenwart, Vision und Revision, in einer fiktiven Wanderung zwischen den Welten überblendet.
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